Wenn Sie sich wieder einmal eine Auszeit gönnen und in einem der vielen Cafés oder Eisdielen in einer schönen Innenstadt sitzen, so beobachten Sie bitte die Passanten, die vorbeilaufen. Beobachten Sie die Gesichter, die Stimmung, den Ausdruck der Menschen und fühlen Sie hin, welche Menschen glücklich erscheinen. Vielleicht werden Sie feststellen, dass bei vielen Menschen, die vorbeigehen, eher eine ernste und vielleicht sogar gedrückte Stimmung sichtbar ist. Wie viele glückliche Menschen werden Ihnen wirklich begegnen? Wie viele werden Sie lachend und freudestrahlend wahrnehmen?

Dabei hätten die allermeisten dieser Menschen wahrscheinlich Grund, glücklich zu sein. Sie haben zu essen, ein Dach über den Kopf, brauchen keine Angst vor kriegerischen Handlungen zu haben und sind in ihrer physischen Existenz nicht bedroht.
Ein Fünftel der Menschen auf der Erde haben keine Wohnung und Zugang zu sauberem Wasser und mehr als die Hälfte verdienen nur zwei bis zehn Euro am Tag.
Ich habe als Coach viele sehr reiche Menschen betreut, und in meiner subjektiven Wahrnehmung waren darunter überdurchschnittlich viele unzufriedene, oft auch verbitterte Menschen. Dies ist ein Paradox, denn diese Menschen hatten doch alles, was sie sich wünschten. Oder doch nicht?

Was verhindert, dass sie glücklich sind? Was bewirkt, dass das wirkliche Glücklichsein scheinbar so schwer zu erreichen ist? Ich hatte vor einiger Zeit einen Klienten, der einen schlimmen Autounfall erlitten hatte. Er lag über Wochen im Krankenhaus und war nahezu bewegungsunfähig. Es stand auf der Kippe, ob er sich jemals wieder bewegen könnte. Er schaffte es aber, wieder gesund zu werden. Er erzählte mir, dass jede Bewegung, die er jetzt wieder ausführen kann, für ihn etwas ganz Besonderes ist. Seine Hände, die er wieder benutzen kann, seine Füße, die ihn wieder tragen, all das fühlt sich für ihn wunderbar an. All dies macht ihn glücklich.
Der Punkt ist, auch vor seinem Unfall konnte er sich bewegen. Auch vor seinem Unfall war ihm dies möglich. Der Unterschied ist, damals war alles selbstverständlich.

Von jedem Werbeplakat und in jeder Werbesendung strahlen uns Menschen an, die uns zeigen, wenn wir nur dies oder jenes besitzen, so werden wir glücklich sein. Unsere gesamte Konsumwelt ist darauf aufgebaut, ein defizitäres Bewusstsein zu schaffen und eine Kauf-Sogwirkung zu erreichen, mit dem Ziel, Glück in Form von materiellen Dingen zu erwerben. Uns wird so glauben gemacht, dass wir uns Glück erwerben oder erschaffen können.

Wenn wir uns darüber Gedanken machen, was glücklich macht, dürfen wir uns zuerst mit uns selbst beschäftigen. Mit dem, was wir sind, was unser tiefstes inneres Menschsein ausmacht.

Ich betreue seit vielen Jahren Unternehmergruppen im deutschsprachigen Raum, mit denen ich mich regelmäßig zu Workshops treffe; dort behandeln wir viele unternehmerische Themen. Im letzten Workshop hatte ich zu dem Thema „Wie kann ich glücklich ein Unternehmen führen“ eingeladen. Während wir uns sonst über Marketingstrategien, Kundenakquisition, Mitarbeiterführung und andere klassische Themen ausgetauscht haben, war dieser Workshop völlig anders. Ich hatte eine einfache Unterkunft im Gebirge organisiert, in der wir uns mitten in einer wunderbaren Natur eine dreitägige Auszeit nahmen. Alle Teilnehmer waren gestandene Unternehmerpersönlichkeiten, die sich nun auf den Weg machten, sich selbst wieder zu entdecken und wahrzunehmen und ihr Innerstes, ihr inneres Glück wieder zu spüren.

Viel Lachen, Nähe im Miteinander, Empathie, aber auch Tränen begleiteten uns während dieser erfüllten Tage. Von den äußeren Bedingungen des Lebens kamen wir immer mehr zu den inneren Werten, zu dem, was wirklich im Leben von Bedeutung ist. Wir entdeckten, dass Glücklichsein weniger etwas ist, dass wir erlangen, bekommen oder uns holen können, als vielmehr etwas, was bereits da ist und das wir wieder wahrnehmen dürfen.

So gehört die Fähigkeit dankbar sein zu können, zu einem glücklichen Leben.
Wofür im Leben sind wir dankbar? Dass wir leben, dass wir fühlen, dass wir einen Partner, eine Partnerin, Kinder, Eltern, Freunde haben. Dass wir arbeiten dürfen, Essen haben, die Sonne scheint, die Blumen blühen. Wenn wir wieder auf Entdeckungsreise gehen, statt wie blind durch unser Leben zu tappen, wenn wir wieder sehen und wahrnehmen lernen, werden wir wieder entdecken und staunen, welch Wunder dieses Leben ist. Wenn wir in einer Krise sind, so ist es die Nähe eines Partners, einer Partnerin, der Familie oder Freunde das, was unendlich kostbar und wertvoll ist. Wie glücklich sind wir dann, dass es diese Menschen gibt.
Wir dürfen wieder lernen, dankbar zu sein. Diese Dankbarkeit ist ein Schlüssel zum Glück.

Aber auch demütig zu sein, gehört auf dem Weg zum Glück dazu. Aus einer Überhöhung des Egos heraus wieder spüren zu dürfen, doch nur ein Mensch zu sein mit all den guten und weniger guten Eigenschaften. Mit dem, was funktioniert, aber auch mit dem, was immer mal wieder schief geht. Es geht um den liebevollen Blick auf uns selbst, um so wieder bei uns anzukommen, wieder der sein zu dürfen, der wir wirklich sind. Dieses Trachten danach, gut dazustehen, großartig zu sein, hält uns im Leben davon ab, frei und glücklich zu sein. „Ich bin genauso wertvoll und richtig, wie ich bin“ – diesen Satz brauchen wir, wenn wir glücklich sein wollen.

Und auch die Liebe gehört zum Glücklichsein. Im Kapitel „Die stärkste Kraft“ beschäftigen wir uns nur mit ihr.

Zum Glücklichsein braucht es die Eigenschaften unseres inneren Kindes, weniger die des klugen, abwägenden und rationalen Erwachsenen in uns. Dieser innere Erwachsene hat das Glücklichsein oft verlernt. Er kann nicht mehr staunen und die Welt märchenhaft erleben. Er ist in seinem Erwachsenensein gefangen und giert nach mehr, aber eben oft nach Dingen, die ihn nicht glücklicher machen, obwohl er dies glaubt.
Um glücklich zu sein, dürfen wir wieder Kind werden. Lachen, Blödsinn machen, Lustvolles und Sinnliches erleben, spontan sein.

Ein Kind hat noch nicht die Ängste des Erwachsenen. Des Erwachsenen, der gelernt hat, vorsichtig zu sein und im Leben aufzupassen, und dabei aber vergisst, sich auf die Suche nach dem Glücklichsein zu machen. Viel Kostbares und Wertvolles erlebt er so nicht mehr. Wir haben im Leben so viel zurückgelassen.

Wenn wir uns also mit dem Glück in uns beschäftigen, dürfen wir uns nur umschauen. Alles, was wir zum Glücklichsein brauchen, ist schon da, wir dürfen es nur wieder entdecken. Es lohnt sich, sich wieder auf die Reise zu begeben.

Systemische Gedanken – Betrachtungen des Lebens

Die Texte sind dem Buch  „Systemische Gedanken“ entliehen.

Die Betrachtungen des Lebens in diesen Geschichten öffnen die Tür zu unseren Bedürfnissen und unseren Sehnsüchten, beschäftigen sich aber auch mit den Widrigkeiten des Lebens. In einem breiten Bogen verschiedener Themen machen sie das Leben in seiner Vielfalt begreifbar. Dieses Buch darf als Anregung dienen, als Denkanstoß, als eine Möglichkeit, auf Entdeckungsreise zu gehen.

Ich wünsche Ihnen viel Freude und Inspiration beim Lesen dieses Buches.

Harald Kriegbaum

Systemische Gedanken – Betrachtungen des Lebens

Autor: Harald Kriegbaum

166 Seiten  / 21cm x 15cm / Hardcover

Verkaufspreis 18.– €
zuzgl. Verpackung und Versand 3,60€

Gesamtpreis: 21,60 €